Bühlhalde


Villa Bühlhalde, Winterthur
Ernst Georg Jung, 1873
Instandsetzung für das Zentrum für Gehör und Sprache
Planerwahl im selektiven Verfahren, 2023
Kanton Zürich, Baudirektion Hochbauamt
mit Romero Schaefle Parntner Architekten AG, Zürich


Eine vergleichende Recherche zeigt, dass Dunkelheit und eine gewisse Schwere wesentliche Merkmale von Interieurs, die man mit englischem Landhausstil bezeichnen möchte, waren. Imitationen verschiedener Materialien auf verschiedenen Untergründen als Veredelung aber auch im Sinne einer präzisen Feinjustierung im Timbre der Räume waren wichtig. Die verschiedenen Materialimitationen zeichnen sich allesamt durch eine gewisse Dunkelheit, eine Mehrfarbigkeit und Tiefenwirkung aus. In dieser sehr dichten Gestaltung hatten diese Räume ohne Zweifel etwas sehr Faszinierendes – sie strahlten jedoch auch eine Behäbigkeit aus, die nicht den heutigen Vorstellungen für einen zeitgemässen Unterricht entspricht. Auch Kosten- und Termingründe sprechen dafür, die Räume in diesem Sanierungsschritt nicht in ihre Originalfassung zurückzuführen, sondern eine mildere Übersetzung für diese sehr charaktervolle Gestaltung zu finden, die sowohl der Architektur und Geschichte des Hauses wie auch den Bedürfnissen der aktuellen Nutzer entsprechen kann. Dieser Grundhaltung folgend soll auf stabile, intakte und haftende Untergründe eine gepflegte, reversible farbliche Neufassung angestrebt werden.

Für die Farbfindung wird zunächst auf der Basis des Farbbefunds und von Materialfundstücken eine Farbpalette entwickelt, die sowohl verschiedene Zustände des Lichts in sich aufnimmt wie auch Materialfarbeigenschaften abbildet, von kühlen bis warmen und von abgetönten bis lichtgesättigten Nuancen. Dieses Werkzeug soll sodann in verschiedenen Variationen zur Anwendung gebracht werden. Mit Hell-Dunkel-Modulationen werden die Merkmale der ursprünglichen Raumgestalt der Innenräume nachgebildet. Es wird sodann eine Raum-Farbkomposition mit malerischen Eigenschaften nach historischem Vorbild geschaffen, in der alle Räume durch das Kolorit miteinander verbunden sind und doch jeder Raum sein eigenes Gepräge hat. Geerdete, temperierte Räume und lichtvoll heitere Räume entstehen aus demselben Farbenpool und sorgen für Halt und Orientierung. Mit einer tektonischen farblichen Ausformulierung – präzise abgestuft – wird schliesslich die Feingliedrigkeit des Raumes nachgezeichnet und so nicht nur einen historischen Habitus wiedergegeben, sondern Klarheit und Ordnung geschaffen.

Im allgemeinen sind es Farbtöne, die – inspiriert von der Aura alter englischer Farb- und Tapetenkollektionen – einhüllen, die Geborgenheit und Ruhe vermitteln und einen stillen, angenehmen Hintergrund für die in neuem Licht leuchtenden Gesten und Mimik bilden. Die Farbtöne zeigen sich in einer weichen, matten, samtigen, seidigen, oder etwa tuchigen Stofflichkeit und generieren so eine sinnliche Raumhüllen, die mal hell klingend Heiterkeit und Erhabenheit ausstrahlen wie der ehemalige Saal oder die mal abgetönt und in tieferem Klang Intimität und Nähe vermitteln wie im Falle des neuen Gruppenraums. Man findet Raumhüllen, die in ihrer Gesamtheit konzentriertes Lernen mit Kindern mit Sprach- und Hörbeeinträchtiguneng auf wohltuende Weise ermöglichen.