Raumfragmente
Palazzo Castelmur, Stampa im Bergell
Patrizierhaus Rudolfi 1723, Schlossanbau Castelmur 1854
Beobachtungen in Bildern und Worten, 2015
«Mit der Frage beschäftigt, wie Raumstimmung darstellbar sei, wie bildlich über Atmosphäre erzählt werden könne, bin ich auf die Möglichkeiten des Raumfragments gestossen. Das Fragment nicht im Sinne eines Überrests, sondern vielmehr im Sinne eines Raumausschnitts, der Raumstimmung an der Stelle festhält, wo Materialien in räumicher Art zusammentreffen und die Machart, die Art des Gefügt-Seins neue Episoden zur Raumstimmung beitragen. Ein Ausschnitt, wo Farbe im Raum eine Fülle von Schattenfarben produziert, wo Farbe überhaupt Raum generiert und durch die Nähe zum Material dem Betrachter die Ebene des betastenden Wahrnehmens eröffnet. Das Raumfragment stellt mehr als ein Detail der Architektur dar: es lädt - ähnlich einem Non-finito - ein, gedanklich in die Gesamtheit des Objekts einzutauchen, sich den Raum nicht wissend, viel mehr erahnend fertig zu bauen, diesen fühlend zu erweitern.
Das Raumfragment etwa als Fotografie bildet im Prinzip eine Umkehrung der Aneignung von tatsächlicher Raumstimmungen ab: In der Aneignung des wirklichen Raumes geht der umherschweifende, einfühlende und ergründende Blick auf den Oberflächen des Raums spazieren, bleibt hängen, seztzt sich fest - die Gedanken fokussieren. Bei der Lektüre des abgebildeten Raumfragments dagegen ist der Betrachter eingeladen zu expandieren: den Stimmungsgehalt fühlend, denkend in den Raum - den eigenen Raum - zu erweitern und das Geheimnis des Unvollendeten als Teil der Erfahrung bestehen zu lassen.»